Das Denken - Fühlen - Wollen. Ursprünglich waren
diese drei Seelenkräfte sehr eng miteinander verbunden, aber sie haben
sich im Zuge der Menschheitsentwicklung immer deutlicher voneinander
differenziert und diese Entwicklung wird weitergehen.
Die drei
Seelenkräfte sind mit sehr unterschiedlichen Bewusstseinsgraden
verbunden. Nur im Denken sind wir gegenwärtig vollständig wach und nur
im Denken können wir daher gegenwärtig wirklich völlige Freiheit
erringen - die freie Herrschaft des Ich ist an das Wachbewusstsein
gebunden.
Im Gefühlsleben träumen wir beständig. Was unser
eigentliches Wollen ausmacht, es hat keinen helleren Bewusstseinsgrad als
unser Tiefschlafbewusstsein. Schon im Träumen verliert das Ich
erfahrungsgemäß weitgehend die Herrschaft über das Seelenleben und die
eigentliche Willensfreiheit des Menschen ist heute entgegen einer
weitverbreiteten Meinung erst sehr wenig ausgebildet.
Tatsächlich ist
der menschliche Wille heute nur insofern indirekt frei, als er sich
durch das bewusste Denken bestimmen lässt. Dadurch schöpfen wir aber nur
den aller geringsten Teil unseres Willenspotentials aus.
Die dreifaltige Struktur des menschlichen Seelenlebens spiegelt sich äußerlich wider in der Dreigliederung des menschlichen Organismus. Darin ist das Nerven-Sinnessystem das physische Werkzeug des Denkens, das Fühlen stützt sich auf das rhythmische System und das Wollen sich auf das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem.
Das Nerven-Sinnessystem ist hauptsächlich im Kopf zentriert. Es ist das physische Werkzeug für die sinnliche Wahrnehmung, das Vorstellen und Denken. Es gibt dem Menschen die Grundlage für sein waches, der sinnlichen Welt hingegebenes Tagesbewusstsein.
Das Rhythmische System umfasst Atmung und Kreislauf und ist im Brustbereich zentriert. Es ist das wesentlichste physische Werkzeug des Gefühlslebens - und der im lebendig strömenden Atem tönenden menschlichen Sprache.
Jede Stimmungsschwankung, jede Freude, jedes Leid spiegeln sich in einer leise veränderten Atmung und einem sich beschleunigenden oder verzögernden Pulsschlag wider, wie auch jede körperlich bedingte Veränderung in Atmung und Herzrhythmus sogleich auf unser Gefühlsleben zurückschlägt. Allerdings erleben wir diese Gefühle nicht so klar und wach wie das, was wir durch unser Nerven-Sinnessystem erfahren. In unserem Gefühlsleben träumen wir eigentlich beständig.
Noch unbewusster bleiben uns die inneren Vorgänge des Stoffwechsel-Gliedmassensystems, das grundlegend für die Entfaltung unseres Willens ist. Insbesondere ist auch der aufrechte Gang des Menschen in diesem System begründet. Was tatsächlich in den Tiefen unseres Organismus vorgeht, wenn wir aufrecht durch die Welt schreiten, oder mit den dadurch freigewordenen Händen willentlich einen Gegenstand ergreifen, entzieht sich weitestgehend unserem Bewusstsein.
Gerade darin liegt aber erst die eigentliche Realität des menschlichen Willens, und nicht in der bloßen gedanklichen Vorstellung, die ihn begleitet. Im Willen schlafen wir eigentlich beständig.
anthrowiki.at/Seelenleben