Was ist die soziale Dreigliederung?

Eine gesunde Gesellschaft setzt eine Differenzierung der Gesellschaft in die Bereiche Geistesleben (Kultur und Bildung), Wirtschaftsleben (Preise und Währung) und Rechtsleben voraus. Entscheidend ist eine exakte Zuordnung der gesellschaftlichen Phänomene zu den einzelnen Lebensbereichen. Gerade was diese Zuordnung anbelangt, bringt der Dreigliederungsansatz manche Überraschungen.

Erst wenn die Bereiche nicht mehr durcheinander geworfen werden, können sie ihre Eigengesetzmäßigkeiten voll zur Blüte bringen und ihren eigentlichen Idealen nachjagen: Freiheit im Geistesleben, Gleichheit im Rechtsleben und Brüderlichkeit im Wirtschaftleben. Eine andere Zuordnung der Ideale würde zerstörerisch wirken:

Gleichheit im Geistesleben tötet jede Innovation, Freiheit vor dem Gesetz hebt die Gesetze auf. Ein anderes Ideal als die Brüderlichkeit für das Wirtschaftsleben führt zum Sozialismus (Gleichheit) oder zum Liberalismus (Freiheit). Erst die Zuordnung zu unterschiedlichen Lebensbereichen macht die Ideale unserer Menschheit lebendig: vermischt heben sie sich gegenseitig auf.

Die Gesellschaftsbereiche sollen sich autonom gestalten und dadurch im Ergebnis organisch, d.h. positiv aufeinander wirken. Was zunächst abstrakt klingt, hat, wenn es in die Praxis umgesetzt wird, radikale Folgen. So darf das Rechtsleben - das heißt der Staat - nicht mehr in die Autonomie des Geisteslebens eingreifen und beispielsweise Bildungspolitik betreiben.

Freiheit im Geistesleben


Das freie Geistesleben, als freischaffende Kunst oder Bildungswesen baut die Fähigkeiten auf, die die Menschheit für ihren ideellen und materiellen Erhalt und Fortentwicklung benötigt. Fähigkeiten können sich nur aus einem freien Geist heraus entwickeln.

Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben


Das wirtschaftsleben setzt sich zusammen aus Warenproduktion, Warenzirkulation und Warenkonsum. Durch sie werden die menschlichen Bedürfnisse befriedigt. Die Bedürfnisse werden durch nichtstaatlichen Assoziationen ausgelotet und finden hierin den Bedürfnissen entsprechenden Verträge und Preisregulierung. Erste Ansätze davon findet man im heutigen fairen Handel, der dem blinden Markt langfristige Verträge entgegensetzt und sich durch seine Rücksicht auszeichnet.

Gleichheit im Rechtsleben


Das Staatsleben ist aber kein Überbau über die Zivilgesellschaft, sondern nur ein Glied neben Geistes- und Wirtschaftsleben. Im staatlichen Rechtsleben sind vor dem Gesetz alle gleich, und darin steht jeder dem andern als ein Gleicher gegenüber. In ihm macht sich alles das demokratisch geltend, was von dem Urteil und der Empfindung eines jeden mündig gewordenen Menschen abhängig sein muß, wie die innere und äußere Sicherheit. Anders als im Geistes- und Wirtschaftsleben hat er sich hier damit abzufinden, daß er von einer Mehrheit überstimmt werden kann.

Zusammenwirken der Extreme


Jeder Mensch ist zugleich eine Minderheit, ein Bürger und steht für die ganze Menschheit. Soziale Einrichtungen müssen aber einfacher gestrickt sein. Sie können jeweils nur eins davon. Für sich allein genommen kann daher eine soziale Einrichtung im strengen Sinne gar nicht menschlich sein. Sie bleibt immer einseitig. Der Mensch kann daher in einer Einrichtung nur einen Teil seiner Selbst verwirklichen. Menschlich wird die Gesellschaft erst durch das Zusammenwirken der sozialen Einrichtungen, wenn diese anfangen, sich wirklich zu ergänzen, ohne einander vereinnahmen zu wollen.

Wer ist aber der Garant dafür, daß die sozialen Einrichtungen mit ihrer Einseitigkeit nicht auseinanderdriften? Niemand außer der Mensch selbst. Er ist es, der die Brücken schlägt. Er ist nicht nur Bürger im Staate, sondern steht auch aktiv im Kulturellen und im Wirtschaftlichen. Auch der überarbeitete Lehrer ist auch noch ein Konsument und daher nicht nur Teil der Schule und damit des Geisteslebens, sondern auch des Wirtschaftslebens. Der Mensch ist die Einheit der Gesellschaft. Und je mehr er damit zu schaffen hat, desto besser.

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