In der Evolution den menschlichen Bewusstseins gibt es immer wieder sprunghafte Veränderungen, die sich in wenigen Jahrzehnten vollziehen. Diese Veränderungen sorgen für Schwierigkeiten, weil Menschen der dominierenden Stufe ihre Weltsicht durch das Neue bedroht sehen. Die neuen wiederum sehen ihr Neues durch das Alte bedroht. Beide Seiten verstehen sich dabei als das "Normale" und haben meist kein Verständnis für die andere Perspektive.
Iris Johannsen ist Autistin mit klassischer Inselbegabung. Diese nutzte sie, um die menschliche Kommunikation zu erforschen. Aus ihren Ergebnissen und Beobachtungen ergab sich ein Konzept mit sechs Kommunikationsdimensionen. Wir befinden uns seit 1990 im Übergang von der dritten in die vierte Kommunikationsdimension, wobei unsere ganze Gesellschaft mit dem Denken der Dritten Dimension aufgebaut ist und auch mit diesem funktionsfähig gehalten wird.
1. Kommunikationsdimension
Die erste Kommunikationsdimension findet statt in der Begegnung zwischen Menschen, im Zusammensein. In Schweden gab es diese Kommunikationsdimension bis ca. 1850. Die Menschen lebten lokal an einem Platz und konnten die anderen Menschen, die sie kannten, alle an einem Tag zu Fuß treffen. Die Menschen lebten in ihrem eigenen Tempo und sind von morgens, wenn sie aufstanden, bis abends, wenn sie zu Bett gingen, ihren Tätigkeiten nachgegangen. Ungefähr 90% der Zeit des Tages brauchte man für das Notwendige. Es gab keine moderne Freizeit. Zum Lernen sind die Kinder einfach dem Rhythmus der Eltern gefolgt. Sie waren darinnen, in allem, was die Erwachsenen machten. Sie lernten alles durch das Dabei-Sein.
2. Kommunikationsdimension
Es ging langsam hinüber in die zweite Kommunikations-Dimension. Die erste blieb weiter bestehen.
Von Staatsseite wollte man, dass alle Kinder in die Schule gehen, damit alle das Gleiche lernen. Aber viele Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder in die Schule gingen, weil sie da so viele Flausen in den Kopf bekamen und anfingen, anders zu denken. 1842 wurde in Schweden die Schulpflicht eingeführt, um die Eltern dazu zu zwingen ihre Kinder in die Schule zu schicken.
Die Buchdruckkunst machte möglich, dass man täglich Reichsnachrichten bekommen konnte und ein paarmal in der Woche auch Lokalnachrichten. Die Nachrichten, das Wetter und Bücher. Klassische Musik wurde eingespielt und ausgestrahlt. Das war unglaublich faszinierend. Doch das „neumodische“ Wissen wurde nicht direkt in das alltägliche Leben integriert, es blieb noch außerhalb. Man fand es erst einmal interessant zu hören, was es weiter weg von zuhause alles gab. Aber zunächst beeinflusste es die erste Dimension sehr wenig. Man war vertraut mit dem Leben in der ersten Dimension. Das, was jetzt von außen an Information dazu kam, dafür musste man erst mal ein Verständnis entwickeln. Das dauerte ein paar Generationen.
3. Kommunikationsdimension
Behalten wir im Auge, dass die anderen Dimensionen bleiben und die neue dazu kommt.
In der ersten Dimension sind wir zuhause in unserem kleinen Dorf, in der zweiten Dimension werden wir uns bewusst, dass wir in einem Land leben und in der dritten Kommunikations-Dimension werden wir Weltenbürger.
Was technologisch dazu kommt, ist das Fernsehen. Damit können wir Bilder aus der ganzen Welt in unserem Wohnzimmer sehen. So bekamen wir Einblick in verschiedene geographische Gegenden, die wilde Natur, die verschiedenen Städten und so weiter. Dazu kam die Möglichkeit, viel weiter zu reisen; zunächst innerhalb der Landesgrenzen, später auch in andere Weltteile. Die Zollstationen verschwanden und es gab viel mehr Verkehrsmittel mit denen man sich viel weiter weg bewegen konnte: Auto, Schiff, Flugzeug. Das hat unser Denken und unsere Linguistik sehr verändert, besonders im Verhältnis zu der ersten und zweiten Dimension. Wir konnten uns auch immer mehr Luxus, Zeit und Bequemlichkeit kaufen. Dadurch geschah etwas Merkwürdiges mit den Menschen: Wenn wir 90% des Tages dazu verwenden, die Notwendigkeiten zu verrichten, dann sind wir nicht gleichzeitig mit allen möglichen Gedanken, Abwertungen, Beurteilungen, Bestrafungen beschäftig. Wir haben fast keine psychischen Probleme.
Aber wenn wir nur noch zwei oder drei Stunden für das Notwendige aufwenden müssen, haben wir eine Menge Zeit, um anderes zu tun. In dieser Zeit schaffen wir uns Bequemlichkeiten. Doch für diese Bequemlichkeiten müssen wir Geld ausgeben, und dieses müssen wir durch Arbeit beschaffen. Damit passen wir uns auf die eine oder andere Weise an, und wir fühlen uns mit der Zeit ausgenutzt und unzufrieden. Wir haben den Eindruck, dass wir nicht den Lohn für unsere Mühe bekommen. Wir haben eine unendliche Menge von Zeit, die wir Freizeit nennen, in der wir machen und entscheiden können, was wir wollen, verbringen Sie jedoch entweder mit Arbeit, um Geld zu verdienen, um die Bequemlichkeit zu finanzieren, oder machen sinnfreie Freizeitaktivitäten, die uns auf Dauer nicht erfüllen, wodurch dies alles immer höher, schneller, weiter und vor allem immer mehr werden muss. Weil wir glaubten, mit mehr äußeren Dingen mehr Geborgenheit zu schaffen, haben wir immer mehr Dinge angeschafft. Wir nannten das „Glück“.
Darin verstecken sich eine Menge Gedankenfehler. Doch leider sind sie so allgemein, dass fast alle Menschen sie denken. Deswegen werden sie Majoritätsmissverständnisse genannt.
Wir schaffen uns in diesem Hamsterrad immer mehr Dinge an, Häuser, Autos, Boote, Sommerhäuser. Wir werden sehr gute Konsumenten. Was dabei geschieht, ist, dass wir uns mehr und mehr um Dinge kümmern müssen, an Dinge denken müssen, Dinge pflegen müssen. Wir merken, dass uns das begrenzt.
Gleichzeitig bekommen wir durch die Nachrichten das ganze Elend der Welt herein. Auch das beeinträchtigt uns, es reißt uns aus unsere inneren Zufriedenheit heraus.
Bei dem Übergang von der 1. zur 2. Dimension ging in der Zeit, wo die Bevölkerung sich so explosionsartig vermehrte viel mehr darum, alle Menschen ernähren zu können. Das hatte auf die alte Art nicht geklappt. Als es so weit war, dass alle etwas zu essen hatten, und ein Dach über dem Kopf hatten, hätte man mit der neuen Art aufhören können, das Wachstum beenden und und zu einer Gebrauchsökonomie zurückkommen können.
Aber wenn wir neue Dimensionen entwickeln, um die Welt zu verstehen, werden wir entweder davon verzaubert und schmeißen uns da hinein, oder wir bekommen eine Riesenangst und grenzen es aus. In beiden Fälle werden wir offen für Manipulation. Und so kam immer jemand, der sieht, dass Menschen in der Lage sind manipuliert werden zu können, und erliegt der Versuchung seinen eigenen Nutzen daraus zu ziehen. Das ist auch eine Form von psychologischem Spielen. Es geht immer von einzelnen Menschen aus. Grundsätzlich gibt es also immer die Möglichkeit, Geld aus etwas zu schlagen: Jemand will den anderen ausnutzen, der andere lässt sich ausnutzen und entscheidet nicht frei für sich selbst.
Es gibt da noch einen anderen Gedanken, mit dem wir uns angeschmiert haben: „Wissen ist nie schwer zu tragen!“. Da liegen wir aber falsch. Wissen, das man benutzt, ist nicht schwer zu tragen. Aber alles Wissen, das wir nicht anwenden, pocht die ganze Zeit, und will benutzt werden. Das ist sehr schwer zu tragen.
4. Kommunikationsdimension
Es ist wichtig, immer zu wissen, dass die vorhergehenden Dimensionen immer bleiben. Es kommt nur etwas Neues hinzu kommt, was das Denken sehr verändert. Das was jetzt, seit ungefähr 1990, mit der vierten Dimension hinzukommt, ist wirkliche Kommunikation. Man wird viel mehr global, es verschwinden die Grenzen. Die eigene Kultur und die anderen Kulturen werden auf eine völlig andere Weise aufgefasst. Weil das so unterschiedlich zur Dritten Dimension ist, entsteht oft eine Wand zwischen dem Denken in der dritten und dem Denken in der vierten Dimension.
In der vierten Dimension versteht man viel mehr als vorher, dass der Reichtum in uns drinnen sitzt. Reichtum hat damit zu tun, wie wir denken, mit dem, was wir tun und können, hat was mit dem zu tun, was wir innerlich tragen, egal wohin wir reisen. Diesen Reichtum kann uns niemand nehmen. Diejenigen, die in der vierten Dimension geboren sind, sind nicht so schnell geneigt zu glauben, dass Reichtum mit dem Wert von Geld zu tun hat. Sie sind vielmehr daran interessiert, ihre Fähigkeiten zu entwickeln, einen kleinen Teil davon zu verkaufen, so dass sie sich versorgen können, und ansonsten ein qualitätsreiches Leben zu leben. Die Menschen aus der dritten Dimension machen sich darüber große Sorgen, weil es die Zuwachswirtschaft bedroht.
Die Gesellschaft der dritten Dimension ist darauf aufgebaut, dass man sein Brot verdient im Schweiße seines Angesichts und einen Überfluss produziert, der bis zum Ende des eigenen Lebens reicht. Dieses Denken löst sich in der vierten Dimension mehr und mehr auf. Man ist mehr und mehr daran interessiert, sich lokal zu verbinden mit sich und den anderen, um eine Grundlage zu haben, sich hoch und breit hinauszustrecken.
Die Kinder in der Schule sind deshalb so außerordentlich gestresst, weil sie zu etwas gezwungen werden, was überhaupt nicht mit ihnen übereinstimmt. Dennoch versuchen sie hinzubekommen, was von ihnen gefordert wird, wobei natürlich trotzdem die Schulergebnisse bergab gehen. Allerdings gehen nur die Ergebnisse der dritten Dimension zurück. Ihr eigenes Leben untereinander geht nicht zurück. Nur das, was die dritte Dimension von ihnen verlangt.
In der vierten Dimension können wir die großen Veränderungen die mit unserer gesamten Zivilisation vor sich gehen aus einer globalen und gleichzeitig mit einer lokalen Perspektive anschauen. Und vor allem können wir uns frei machen von den Angstsystemen in denen wir festhängen und stattdessen die Phänomene betrachten in denen wir uns befinden.
Was du an den Kindern, die ab den neunziger Jahren geboren sind, sehen kannst, ist, dass sie lokal angeknüpft sind und gleichzeitig in einer globalen Welt leben. Auch wenn sie nicht lokal angebunden sind, so suchen sie doch die ganze Zeit eine lokale Orientierung, um in dieser globalen Orientierung sein zu können, ohne ihr Selbstgefühl zu verlieren. Der Unterschied mit der dritten Dimension ist, dass man sich dort an das Öffentliche anpasst anstelle der lokalen Orientierung. Das macht einen großen Unterschied, weil die Kinder der vierten Dimension nicht daran interessiert sind, sich an ein gesellschaftliches System anzupassen – das macht für sie keinen Sinn. In der Schule, die noch völlig aus den Prinzipien der dritten Dimension heraus organisiert ist, führt das zu einem Bruch mit den Kindern, die sich völlig anders orientieren. Da gibt es noch kaum Verständnisbrücken.
5. Kommunikationsdimension
Nach der vierten kommt in einiger Zukunft die fünfte Dimension hinzu. Sie ist in großen Zügen gesprochen die Synchronisation des Bewusstseins mit den Zeitströmen aus Vergangenheit und Zukunft. Nichts wird mehr zufällig geschehen. Auch jetzt gibt es schon Vorboten dieser Entwicklungsstufe. Einzelne Phänomene gibt es überall.
6. Kommunikationsdimension
In der sechsten Dimension wird die Kommunikation das Sprachfeld transzendieren. Zwei verschiedene Sprachen zu sprechen steht dann dem Verständnis nicht mehr im Weg. Wir lernen "aus der Atmosshäre zu lesen". Wir werden die Worte hören, und gleichzeitig wahrnehmen, was der andere meint, auch die eigentlich dahinter liegenden Fragen, Aussagen oder Absichten.
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