Viele erleben also das Gefühl von Freiheit und Autonomie, wenn sie das Fremde im Andern und damit unbewusst in sich selbst bestrafen. (S.59)
Aber immer wieder hat sich herausgestellt, dass die verlorenen Posten die Punkte sind, an denen das für die Menschheit Entscheidende geschieht (S.71, Neumann, S.5f)
Die historisch überlieferten Staatstheorien, die seit dem 3. Jahrhundert vor Christus entwickelt wurden, um gesellschaftliche Machtstrukturen zu rechtfertigen, lassen sich als Korrelate des Gehorsams lesen, dessen Strukturen einen Staat aufrechterhalten sollen. [...]
Das Ergebnis ist die Ausbeutung des Individuums, dessen Eigenes zum Fremden gemacht wird, was für die Mehrheit den Verlust ihrer Schöpferkraft und Selbstständigkeit bedeutet. (S.73)
Oft erheben Wissenschaftler den Anspruch, ihr Denken und ihre Einstellung seien unparteiisch und objektiv. Sie sind fest überzeugt, sich von den vermeintlichen Fesseln des Irrational-Subjektiven befreit zu haben, erkennen aber überhaupt nicht, dass ein solches Denken die Ganzheit unseres Erlebens ausschaltet. (S.78)
Die Forschung des englischen Psychiaters Dicks mit deutschen Kriegsgefangenen belegt unmissverständlich, dass bei einem Kind, dessen Wesen akzeptiert, geliebt und zärtlich versorgt, Gehorsam und seine zerstörerischen Folgen nicht auftreten. (S.83)
GRUEN, Arno; Wider den Gehorsam, Stuttgart 2014