"Gehorsam meint, dass man das eigene Selbst nicht wirklich entwickeln kann, dass man keine wirkliche Verantwortung für sich selbst entwickelt."Als Konsequenz, betont Gruen, führe der Gehorsam politisch zu Autorität, Faschismus und Gewalt. Aber es gibt Hoffnung: Das Zusammenleben auf der Basis von emphatischen Empfindungen.
Empathie ist eine angeborene Fähigkeit. Es braucht nur Liebe und Wärme, um sie zu erhalten und zu entwickeln. Aber bei uns im Westen drängen wir das Emphatische systematisch zurück, machen die Kinder zu funktionierenden Rädchen eines Systems.
"Wir leben in dieser Kultur, die mit Wettbewerb zu tun hat. [...] Da erleben wir auch Kinder, als ob sie uns etwas aufsetzen möchten. Der Wettbewerb existiert da schon. Wenn sie schreien, müssen wir ihren Willen in den Griff kriegen - und wir lassen sie schreien. Es gibt viele Kulturen, in denen die Kinder nie schreien."Die natürlich angeborene Empathie geht durch kulturelle Einflüsse in den ersten Jahren verloren. In seinem Buch wirft Gruen ein neues Licht auf die kaum mehr hinterfragten Grundprinzipien dieser Kultur. Die Welt, in der wir leben, ist bestimmt von Kampf, Wettbewerb, Profit und Isolation. Aber nicht Kampf und Konkurrenz sind die Triebkräfte unserer Existenz. Das hat schon Darwin erkannt. In Darwins Büchern kommen die Begriffe Liebe und Kooperation viel häufiger vor als das, was wir für Darwins einzige Entdeckung halten, nämlich dass der stärkere sich durchsetzt. So sagt auch Gruen:
„Dass wir uns als Menschen entwickelten, kam zustande durch Kooperation, nicht durch Wettbewerb. Es kam dadurch zustande, dass Menschen sich einander geholfen haben - nicht dadurch, dass der Stärkere, den Nicht-Starken unterdrückte.“Empathie ist nicht nur die Grundvoraussetzung für seelische Gesundheit, sondern auch für Demokratie. Die Welt aus der Sicht eines anderen zu sehen - das haben wir verlernt, das macht uns krank. Doch es formieren sich neue soziale Bewegungen. Machen wir mit und nutzen wir sie!
Nach Grün ist nur etwa ein Drittel der Menschen unserer Kultur nicht kritiklos gehorsam, aufgrund einer liebevollen, von Empathie geprägten Kindheit. Auf diesem Drittel ruhen alle Hoffnungen, denn, so Arno Grün.
"Das Überleben des Menschen hängt von unserer Fähigkeit ab, Mitgefühl und Liebe zu leben und nicht von Gehorsam abhängig zu sein oder zu bleiben."Er rät den Kampf gegen den Gehorsam über den Verstand und über Gefühle, also mit Empathie zu führen.
"Wider den Gehorsam ist ein Weckruf."In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sich Arno Grün mit den psychologischen Ursachen für Gewalt und Fremdenhass, mit den Voraussetzungen für Autoritätsgläubigkeit und Demokratie.
Sein bekanntestes Buch ist "Der Fremde in uns".
Arno Grün beschreibt, wie wir durch Verletzungen in der Kindheit und Muster, die dadurch entstehen, das Eigene abspalten - und als fremd einstufen."Ich fürchte, unsere Kultur engt uns von Anfang an ein und treibt uns weg von dem, was wir sein könnten."
Ein weiteres Buch trägt den Titel "Wider den Terrorismus"
Wie wurde Arno Gruen selbst durch seine Kindheit geprägt? Warum sind wir so gerne gehorsam? Wie entwickeln sich Kinder zu emphatischen Menschen? Dies Fragen stellt ihm Britta Bürger im Deutschlandradio Kultur "im Gespräch": www.deutschlandradiokultur.de/arno-gruen"Wir müssen endlich das Parallelogramm aus Angst, Hass, Extremismus und Gewalt als Urschande der menschlichen Existenz wahrnehmen und überwinden."
Das Mitfühlen ist die Grundlage des menschlichen Zusammenlebens. Video: Arno Gruen im Interview
Was zum Teufel ist Wasser? Video: 3sat Arno Gruen Doku - 6 min
Das Milgram Experiment Video: Das Milgram Experiment - 10 min
Sogar Matt Damon ruft zum zivilen Ungehorsam auf: Video: Matt Damon Rede - 4 min
Und zu guter Letzt ein Zitat, das Mut macht:
„Kreativität ist das Wichtige und nicht Gehorsam. Gehorsam engt uns ein. Gehorsam führt dazu, dass wir genauso werden, wie die, die Macht über uns haben. Das erhält das System. Das Wichtige sind die wahren Künstler, die wahren kreativen Menschen. Ihre Kreativität ist immer der Versuch, aus dem Gefängnis dieser Kulturen auszubrechen. [...] Es ist ein dauernder Kampf, aber man muss weiterkämpfen. Es ist nicht vergeblich.“