Kernelement von Propaganda ist, nicht offen für etwas Werbung zu machen – dann würde jeder die Absichten des Akteurs erkennen. Propaganda inszeniert vielmehr Scheinwirklichkeiten, auf die die Medien und dann die Bevölkerung und die Politik erst reagieren, so etwa Walter Lippmann, einer der Begründer des Propaganda-Konzepts schon 1921: „Man fügt eine Scheinwelt zwischen den Menschen und seine Umwelt ein. Sein Verhalten ist eine Reaktion auf diese Scheinwelt. Aber weil es Verhalten ist, operieren die Konsequenzen […] nicht in der Scheinwelt […], sondern in der tatsächlichen Umwelt […].
Die Scheinwirklichkeit der OECD ist der PISA-Test. Er gibt vor, „Bildung“ zu messen und „objektive Daten“ über den Leistungsstandes Schüler zu liefern. Tatsächlich misst er eben Kompetenzen, die dem Lehrplänen nicht entsprechen und führt ein Menschenbild mit sich, das dem Grundgesetzes und der Länderverfassungen widerspricht. Gleichwohl wurden die Ergebnisse medial skandalisiert und ein „ PISA-Schock“ ausgerufen. Nun fragte niemand mehr, was dort eigentlich gemessen wird, sondern alle reagierten zustimmend oder ablehnend nur noch auf die PISA-Ergebnisse.
In der Schockstarre griffen Politiker dann nur zu gerne auf die seitens der OECD angebotenen Kompetenz-Konzepte zurück, um bei den nächsten Tests in jedem Fall besser abzuschneiden. Und ganze Heerscharen von Wissenschaftlern begannen mit Feuer Eifer, dem neuen Paradigma hinterherzulaufen – nicht zuletzt, weil es dafür nun Unmengen an Forschungsgeldern gab.
Die OECD setzte ihr Konzept so per „Schock-Strategie“ und „diskursiver Streuung“ durch: Man steuerte das Verhalten souveräner Staaten und ihrer Bürger über indirekte, propagandistische Beeinflussung. Die PISA- Tester selbst behaupteten dabei, sie würden ja „nur messen“. Doch liegt die normative Macht dieser Messung in der verdeckten Durchsetzung eines alle kulturellen Überzeugungen negierenden Bildungsverständnisses an den Bürgern vorbei.
Diese Strategie beschreibt die OECD selbst ganz offen: In Peer-Reviews wie PISA sieht sie den „effizienteste(n) Weg, Einfluss auf das Verhalten souveräner Staaten auszuüben“, obwohl ihr dieser Einfluss nicht zusteht. Dieses manipulative Vorgehen der OECD ist seitens der Politikwissenschaft auch empirisch in seiner durchschlagenden Wirkung nachgewiesen. (Vgl. hierzu ausführlich Krautz 2013a, b und Graupe/Krautz 2014)
Textquelle: http://www.gew-berlin.de/public/media/20150622_streit1-kompetenzen.pdf
Scheint mir auch ein gutes Buch zu sein. Wurde im GEW-Heft besprochen:
www.westendverlag.de - gute-macht-geschichten-daniel-baumann-stephan-hebel.html