Der motorisierte Mitarbeiter sollte mich um neun am Bahnhof abholen. Doch er kam nicht. Also nahm ich, nachdem ich einen Kaffee geschlürft und die Menschen, die am Bahnhof in der ersten Sonne der Woche in luftigen Kleidern vorbeigingen, für fröhlich befunden hatte, seine Nummer recherchiert hatte und erfahren hatte, dass er im Stau stand, den Bus zum Campus der Fachhochschule hoch oben in Weingarten. Dort stehen die Campusgebäude verteilt zwischen Seen, Wäldchen und Burgresten.
Die Natur-Uni
Um vom Hauptgebäude zur technischen Fakultät zu gelangen, und man gäbe die Webbeschreibung per Telefon durch, wünschte man sich, einer liefe auf den Wegen entlang und mache nach kindlicher Art der Schnitzeljagt Pfeile auf die Straße, so ob er Kreide zur Verfügung hätte, sonst kratze er sie in den Kies, so verwinkelt und zerpflückt stehen die lehrreichen Gebäude.
Die Innenstadt
In der Innenstadt sitzt das Volk auf vorbildlich verkehrsberuhigten Plätzen zwischen mittelalterlichen Fachwerkhäusern mit wundervoll geschwungenen Zeichnungen und Ornamenten auf der Fassade. Ab und zu darf ein Bus über den Platz fahren, als Zeichen gegen den vermeintlichen Segen der individualisierten Mobilität, mit dem Gedanke: Nur wir fahren Sie vor die Türe.
Die Bar am Markt
Das erste Bier hatte mich schon redselig gemacht, die Freizeit schon unkonzentriert. Ich hätte gerne mehr erfahren von der Dame, die diese Bar schon seit Dreißig Jahren führt, wie sie mir in einem kurzen Nebensatz verraten hatte, wo ich doch hier heute zum ersten Mal in meinem Leben war und Leibinger Bier trank. Eigentlich hatte ich sagen wollen, wie sehr mir Ravensburg gefällt, und dass seine 50.000 Einwohner es schafften eine fröhliche, hübsche Stadt zu beleben. Aber es kam anders.
Die Bierwirkung
Auf die Frage, wo ich denn her gekommen sei, antwortete ich mit einer kurzen, aber ausführlichen Erklärung meiner Anwesenheit, was weiter nicht schlimm gewesen wäre, hätte ich nicht einen unbedachten Satz über ihre Heimatstadt fallen lassen und damit das Gespräch beendet, irritiert über den charmanten Stolz auf eine Erwiderung großmütig zu verzichten.
Der Abschied
Doch bevor ich mich leicht verwirrt auf den Fußweg zum Bahnhof machte, trank ich mein drittes Bier, mit Blick auf die jungen Menschen, die vor dem weit geöffneten Fenster mit Frühling in den Augen vorbeigingen, mich an den Moment erinnernd, dessen unbedachter flotter Ton mich das Gespräch der Dame gekostet hatte.
Der große Gedanke
Wenn hier, immer so wie heute, die Sonne scheint, und ich diesen Job, so wie heute, weitermachen kann, ist es nicht weit bis ich mich dafür entschiede, in Ravensburg leben zu wollen, so gut gefällt mir die Stadt in diesem Augenblick der rauschenden Seeligkeit.