Ein breites Friedensbündnis aus klassischer und neuer Friedensbewegung
nutzte den 13.12., um gemeinsam auf diese aggressive Politik aufmerksam
zu machen und für den Frieden in Europa zu demonstrieren. Der
Demonstrationszug vom Berliner Hauptbahnhof zum Amtssitz von Gauck,
Schloss Bellevue, verzeichnete über 4000 Teilnehmer. KenFM zeigt die
ergreifende Abschlussrede von Eugen Drewermann, der sich genau wie
Joachim Gauck dem Christentum verschrieben hat, nur dass er andere
Akzente setzt, statt „Auge um Auge, Zahn um Zahn“: „Liebe deinen
Nächsten wie dich selbst“ und „Du sollst nicht töten“.
KenFM zeigt: Friedensappell von Eugen Drewermann vor dem Schloss Bellevue, Berlin, 13.12.2014
Es folgt ein Text aus dem Haller Tagblatt der Südwest Presse von |
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Schwäbisch Hall
Kirchenkritiker Eugen Drewermann: "Die Hexe gehört in den Ofen"
Der bekannte
Theologe zieht auch in Hall: Mehr als 300 Gäste füllen das
Sophie-Scholl-Gemeindezentrum. Das Thema betrifft jeden: Es geht um
menschliche Ängste. Helfen könne religiös begründetes Vertrauen.
Während diese elementaren Ängste als Warnsignale im Tierreich sinnvoll seien, könnten sie bei den Menschen das Zusammensein ruinieren. Ängste und Sicherheitsdenken führten zu Wettrüsten, immer mehr Überwachung und Gegengewalt. Das helfe aber beispielsweise im Kampf gegen den Terrorismus nicht, weil für jeden getöteten Terroristen zehn neue geboren würden, gibt Drewermann Nelson Mandela wieder. Er erinnert an über 50 Millionen Menschen, die jedes Jahr auf der Südhalbkugel verhungern - eine der Hauptfluchtursachen. Das Wirtschaftssystem sei ein einziger Krieg und wir würden uns abschotten. In den Flüchtlingslagern fehle Geld und allein in Deutschland würden jährlich 120 Milliarden Euro für Aufrüstung ausgegeben.
Der Teufelskreis der Angst sei auflösbar, indem die Angst des anderen verstanden werde, mit Blick auf die eigene Angst. Drewermann benutzt das Bild von zwei Pfeilen, die gleichzeitig abgeschossen nicht die Gegner, sondern sich treffen und so neutralisieren. Freiwerdende Energie könnte für menschliche Ziele genutzt werden. Der Mensch müsse sich von Ängsten, Schuldgefühlen freimachen. Dabei würde Konfrontation helfen, wofür Drewermann psychoanalytische Ansätze wählt, um Kindheitserlebnisse aufzuarbeiten. Dabei dürfe es kein Pardon geben. "Die Hexe gehört in den Ofen", damit meint Drewermann den Blick eines heute erwachsenen Zwangsneurotikers auf seine Mutter vor über 50 Jahren - natürlich nur als Erinnerungsfigur, die Mutter habe eventuell das Beste für ihr Kind gewollt, aber das Gegenteil erreicht. Weiteres Beispiel: Eine Hysterikerin habe Angst vor dem, was am meisten glücklich macht. Erlösen könne trotzdem die wahre Liebe.
Eine Angst bestehe auch darin, überhaupt Fortschritte der seelischen Reifung zu machen. Wer die Einzigartigkeit der eigenen Existenz realisiere, dem werde auch der Unterschied zu anderen deutlich, was wiederum das Gefühl der Einsamkeit verstärken, Angst machen könne.
Drewermann macht Mut, die Einzigartigkeit als Geschenk anzunehmen, nicht als Fluch zu sehen. Eine existenzielle Perspektive, die er nicht nur mit Literaturhinweisen zu Albert Camus rüberbringt, sondern vor allem durch den dänischen Philosophen Søren Kierkegaard. Der Gegenbegriff von Glaube sei nicht Unglaube, sondern Angst. Diese sei überwindbar im Gegenüber Gottes. Drewermann gibt dazu ein Bild aus dem 14. Kapitel des Matthäus-Evangeliums. Es zeigt den sinkenden Petrus, der großen Wellen und heftigem Wind ausgesetzt ist. Er bekommt Angst, unterzugehen. Doch Jesus ergreift ihn an der rechten Hand und rettet ihn - Glaube schafft Vertrauen, das Angst nimmt.
Zur Person
Eugen Drewermann wurde am 20. Juni 1940 in Bergkamen geboren und stammt aus einer Bergmannsfamilie. Nach dem Abitur studierte er Philosophie und katholische Theologie in Paderborn. 1966 erhielt er die Priesterweihe. Er habilitierte 1978 in katholischer Theologie. 1991 entzog ihm der Erzbischof die katholische Lehrbefugnis. 1992 wurde ihm die Predigtbefugnis genommen, und es folgt die Suspension vom Priesteramt. Wesentliche Ursache: strittige Ansichten Drewermanns in der Bibelauslegung und in Fragen der Moraltheologie. An seinem 65. Geburtstag trat Drewermann aus der römisch-katholischen Kirche aus, was er öffentlichkeitswirksam in einer Talkshow im Fernsehen bekannt gab. Er gehört mit Hans Küng und Joseph Ratzinger zu den meist gelesenen deutschen Theologen. Der Kirchenkritiker ist regelmäßig in Medien präsent, arbeitet als Schriftsteller, Redner, Psychotherapeut und Lehrbeauftragter.Textquelle: LINK