Die Philosophie der Freiheit lesen:»Meine ›Philosophie der Freiheit‹ ist so gemeint, daß man zur unmittelbaren Denktätigkeit Seite für Seite greifen muß, daß gewissermaßen das Buch selbst nur eine Art Partitur ist und man in innerer Denktätigkeit diese Partitur lesen muß, um fortwährend aus dem Eigenen heraus von Gedanke zu Gedanke fortzuschreiten.So daß bei diesem Buch durchaus immer mit der gedanklichen Mitarbeit des Lesers gerechnet ist. Und es ist ferner gerechnet mit demjenigen, was aus der Seele wird, wenn sie eine solche Gedankenarbeit mitmacht. Derjenige, der sich nicht gesteht, daß, wenn er dieses Buch nun wirklich in eigener seelischer Gedankenarbeit absolviert hat, er dann gewissermaßen sich in einem Elemente des Seelenlebens erfaßt hat, in dem er sich früher nicht erfaßt hat; derjenige, der nicht spürt, daß er gewissermaßen herausgehoben ist aus seinem gewöhnlichen Vorstellen in ein sinnlichkeitsfreies Denken, in dem man sich ganz bewegt, so daß man erfühlt, wie man in diesem Denken frei geworden ist von den Bedingungen der Leiblichkeit, der liest eigentlich diese »Philosophie der Freiheit« nicht im richtigen Sinne.Und der versteht sie im Grunde genommen nicht richtig, der sich dies nicht gestehen kann. Man muß gewissermaßen sich sagen können: Jetzt weiß ich durch diese seelische Gedankenarbeit, die ich verrichtet habe, was eigentlich reines Denken ist.«
(Vortrag in Dornach, 3. Oktober 1920. In: Grenzen der Naturerkenntnis. GA 322.)
Theosophie lesen:
Ich habe es oft betont: Man kann ein Buch wie zum Beispiel meine ›Theosophie‹ auf zweifache Weise lesen. Man kann so lesen, daß man da liest: Der Mensch besteht aus physischem Leib, Ätherleib, Astralleib und so weiter, der Mensch hat wiederholte Erenleben, Karma, das heißt, man nimmt Begriffe auf. Gewiß, das sind andere Begriffe als auf einem andern Felde, aber der geistige Prozeß, der sich abspielt, ist unter Umständen genau derselbe, wie wenn man ein Kochbuch liest. Denn gerade das habe ich ja oft gesagt, es handelt sich um den geistigen Prozeß, nicht um die Aufnahme von Ideen. Es ist ganz einerlei, ob Sie lesen, Sie sollen Butter in eine Pfanne gießen, Mehl hineintun, das durcheinanderrühren, Eier hineinschlagen, oder ob Sie lesen: Es gibt physischen Stoff, ätherische Kräfte, astralische Kräfte, die sind da durcheinanergemischt. Es ist ganz einerlei als Seelenprozeß, ganz einerlei, ob Sie Butter, Fett, Eier, Mehl auf irgendeinem Kochherde zusammengemischt haben oder ob Sie für die Menschenwesenheit physischen Leib, Ätherleib, Astralleib zusammengemischt sich vor stellen. Man kann aber auch die ›Theosophie‹ so lesen, daß man weiß: In ihr sind Begriffe enthalten, die sich zu der gewöhnlichen Begriffswelt des Physischen so verhalten wie die Begriffswelt des Physischen zur Traumwelt. Sie gehören einer Welt an, in die man ebenso aus der gewöhnlichen physischen hinein erwachen muß, wie man aus der Traumwelt in die physische Welt erwacht. Es ist die Gesinnung, mit der man liest, die dann das richtige Kolorit den Dingen gibt. Und diese Gesinnung wird eben für den Menschen der Gegenwart, durch verschiedene Mittel natürlich, lebendig. Die andern, die der Mensch für sich ausmachen kann, sind ja alle beschrieben in ›Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?‹. Aber für den modernen Menschen ist eben auch noch die Durchgangsphase, ganz abgegrenzt von der Anschauung der höheren Welt, notwendig: daß er erwachen kann an dem Seelisch-Geistigen des andern Menschen zu dem Hineinleben in die geistige Welt, wie er erwacht aus dem Traumleben durch Licht und Geräusch und so weiter in die physische Welt herein. Dafür muß man sich Verständnis erringen. Es ist notwendig, Verständnis zu erringen für das, was Anthroposophie in der Anthroposophischen Gesellschaft sein soll: Ein Geistesweg soll sie sein. Dann findet sich auch die Gemeinschaftsbildung, wenn sie ein Geistesweg ist. Aber es muß wirklich Anthroposophie ins Leben hinein.
(Vortrag in Dornach, 3. März 1923. In: Anthroposophische Gemeinschaftsbildung. GA 257.)
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http://www.heartthink.org/neuesDenken.htm
Einführungsband:
Leitfaden zur Code-Χ-Ausgabe (2009) –
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