Deutliche Worte entdeckt

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) schreibt 2011 im Hauptgutachten Welt im Wandel - Gesellschaftsvertrag für eine - Große Transformation:

4.3.4.2 Ernährungsgewohnheiten und THG-Emissionen

Die technischen Emissionsminderungspotenziale durch klimafreundliches Management in der Landwirtschaft sind allerdings nicht so groß wie die Minderungen, die durch veränderte Ernährungsgewohnheiten erzielt werden können (Popp et al., 2010). Der Grund ist, dass die Lebenszyklusemissionen tierischer Lebensmittel (wie Fleisch, Milchprodukte, Eier) bei gleichem Gewicht bis zu zehnmal höher sind als die pflanzlicher Lebensmittel. Diese Werte sind allerdings je nach Produkt und in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich. So verursacht z. B. Die Rinderproduktion im Sahel nur rund halb so viel THG-Emissionen wie in den USA (Subak, 1999).

Die Viehwirtschaft ist der größte Einflussfaktor der weltweiten anthropogenen Landnutzung. Insgesamt werden global etwa 70 % der landwirtschaftlichen Flächen für die Viehwirtschaft genutzt (als Weideland oder zur Futterproduktion), die nur 15 % der globalen Kalorienversorgung bereitstellen (Steinfeld et al., 2006; PBL, 2009b). Entsprechend groß ist mit 18 % der gesamte, also direkte wie indirekte, Beitrag der Viehwirtschaft zu anthropogenen Treibhausgasemissionen (Steinfeld et al., 2006). Zusätzlich zu den Klimawirkungen ist die Viehwirtschaft ein großer Treiber des Biodiversitätsverlusts, der Übernutzung und Verschmutzung von Wasserressourcen, des Nährstoffeintrags in die Umwelt sowie nicht zuletzt auch der Verbreitung infektiöser Krankheiten (z. B. Vogelgrippe, BSE). Wegen der deutlich geringeren Flächenintensität hätte der Wandel hin zu gesünderer Ernährung mit weniger tierischen Produkten daher eine sehr große Hebelwirkung nicht nur für die Emissionen, sondern auch für die Erhaltung biologischer Vielfalt (PBL, 2010). Ein besonders großen Unterschied für die Umweltverträglichkeit von Ernährungsgewohnheiten macht der Konsum von Rindfleisch (Marlow et al., 2009).

Andererseits verschafft dieser Sektor ca. 1,3 Mrd. Menschen Beschäftigung und Einkommen und ist gerade in Entwicklungsländern häufig die einzig praktikable Option, um durch Beweidung aus marginalem Land Erträge zu erwirtschaften. Gemäß des Anteils tierischer Produkte in der Ernährung ist der ökologische Fußabdruck der Ernährungsweise in Nordamerika und Europa heute etwa doppelt so groß wie in Afrika oder Asien (White, 2000). Dieses Verhältnis ändert sich derzeit rapide, z. B. Hat sich in den letzten 50 Jahren der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch in den Entwicklungsländern mehr als verdreifacht (FAO, 2010b). Es wird mit einer Fortsetzung dieses Trends gerechnet, so dass sich die Fleischproduktion bis 2050 verdoppeln könnte (Steinfeld et al., 2006).

Dies hängt nicht nur mit dem Bevölkerungswachstum, sondern vor allem mit den veränderten Ernährungsgewohnheiten zusammen, die weltweit mit zunehmendem Wohlstand zu beobachten sind. In Entwicklungsund Schwellenländern verbreitet sich eine fettund proteinreichere Ernährung mit mehr tierischen Lebensmitteln, vor allem in Lateinamerika und Ostasien (von Koerber et al., 2008). So hat sich in China in den letzten drei Jahrzehnten der Fleischkonsum verfünffacht (FAO, 2006). Der Milchsektor trägt etwa 4 % zu den anthropogenen THG-Emissionen bei, wobei CH4 etwa die Hälfte ausmacht (FAO, 2010c). Diese Trends können je nach Ausprägung zu erheblichen zusätzlichen THG-Emissionen führen (Keyzer et al., 2005; Popp et al., 2010).

Umgekehrt könnten globale THG-Emissionen aus der Landwirtschaft im Jahr 2055 sogar niedriger sein als 1995, wenn eine Umstellung auf geringere Anteile tierischer Produkte in der Ernährung erfolgte. In Kombination mit den technischen Minderungspotenzialen ergäbe sich im Jahr 2055 sogar eine Minderung der landwirtschaftlichen Emissionen auf etwa 2,5 Gt CO2 eq pro Jahr, was in etwa einer Halbierung der heutigen landwirtschaftlichen THG-Emissionen entspräche (Popp et al., 2010).

Das Potenzial für die Klimaschutzwirkung eines verringerten Fleischkonsums ist also erheblich. Auch aus gesundheitlicher Sicht enthält die in Industrieländern vorherrschende Ernährungsweise zu viele tierische Produkte. (Stehfest et al., 2009) kommen zu dem Schluss, dass eine Verringerung des Fleischkonsums auf ein Maß, das aus gesundheitlicher Sicht empfehlenswert ist, die Minderungskosten für das Erreichen der Stabilisierung bei 450 ppm um die Hälfte senken würde.
Es würden erhebliche Landflächen frei, die für andere Zwecke zur Verfügung stünden. Eine entsprechende Änderung der Ernährungsgewohnheiten hätte demnach einen doppelten Nutzen: für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt (McMichael et al., 2007; Tukker et al., 2009). Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Verluste im Haushalt durch Verderben und Wegwerfen von Lebensmitteln, von denen fast zwei Drittel vermeidbar wären. So könnten nicht nur Emissionen, sondern auch Kosten gespart werden (WRAP, 2009).

Die Botschaft lautet also: Eine gesunde Ernährungsweise ist auch klimafreundlich. Der heutige durchschnittliche Anteil tierischer Produkte an der Ernährung in Industrieländern und den wachsenden einkommensstarken Schichten in Entwicklungsund Schwellenländern ist größer, als es für eine gesunde Ernährung angemessen wäre. Dabei ist eine Umstellung auf eine vollständig vegetarische oder sogar vegane Lebensweise keineswegs notwendig. Schon die vorgeschlagene Umstellung auf generell weniger Fleisch und insbesondere weniger Rindfleisch hätte einen erheblichen Klimaschutzeffekt (PBL, 2009a). Als Handlungsansätze bieten sich u. a. Verbesserte Kommunikation und staatliche Rahmensetzung an (Brand et al., 2007; Kap. 7.3.7.4).

http://www.wbgu.de/fileadmin/user_upload/wbgu.de/templates/dateien/veroeffentlichungen/hauptgutachten/jg2011/wbgu_jg2011.pdf - S.154,155 

welthunger-entwicklungspolitik-fleischfrage

umweltbundesamt-zum-zusammenhang-von-fleischkonsum-und-welthunger 

http://www.freiheit-fuer-tiere.de/artikel/welthunger-klimakatastrophe-eine-fleischfrage.html 

http://www.freiheit-fuer-tiere.de/artikel/welthunger-klimakatastrophe-eine-fleischfrage.html

https://vebu.de/tiere-umwelt/umweltbelastung-durch-fleischkonsum/welthunger/

http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/animalwelfare/HSI--The%20Impact%20of%20Industrialized%20Animal%20Agriculture%20on%20World%20Hunger.pdf