Text von Pietro Archiati
Nach dem Gedanken der «Dreigliederung» des sozialen Organismus
besteht das öffentliche Leben aus drei Bereichen, die sich
voneinander sehr unterscheiden. In jedem Bereich kann der Mensch
jeweils ganz andere Erfahrungen machen. Rudolf Steiner nennt den
ersten Bereich das «Geistesleben» (Freiheit), heute würden wir Kulturleben
sagen. In diesem Bereich geht es um die Entfaltung der individuellen
Begabungen der Menschen, um das erfinderische Schaffen in Freiheit.
Der Gegenpol dazu ist das «Wirtschaftsleben» (Brüderlichkeit), wo die Menschen nach
Befriedigung ihrer Bedürfnisse streben. Da sind sie in der
Produktion von Waren und im Erbringen von Dienstleistungen auf
gegenseitige Hilfe, auf Solidarität miteinander angewiesen. Ein
dritter Bereich des sozialen Lebens, das «Rechtsleben» (Gleicheit), hat die
Aufgabe, ein Gleichgewicht zwischen individueller Freiheit und
gemeinschaftlicher Solidarität herzustellen. Dies geschieht im
Erleben der Gleichheit der Würde, wo jeder Mensch jedem anderen
Menschen gegenüber die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten
geltend machen kann.
Im heutigen sozialen Leben herrscht einseitig die Wirtschaft. Sie hat Politik und Kultur in ihren Bann gezogen. Sie hat an sich
gerissen auch die Verwaltung von Kapital und Produktionsmitteln. Der
Geist des Menschen ist den Sachzwängen der Wirtschaft gegenüber
immer ohnmächtiger geworden.
Wenn das soziale Leben gesunden soll,
muss, Rudolf Steiner zufolge, die Verwaltung des Kapitals dem
«Geistesleben» zurückgegeben werden. Nur ein von Staat und
Wirtschaft unabhängiges Erziehungswesen hat die Möglichkeit, die
individuellen Begabungen zu erkennen und zur Entfaltung zu bringen.
Dem für eine Tätigkeit Begabten sollen entsprechend Kapital und
Produktionsmittel zur Verfügung gestellt werden. «Begabt sein»
heißt nicht nur, dass jemand die Fähigkeit hat, etwas zu leisten
oder hervorzubringen, sondern vor allem, dass er dies im
Dienste der Allgemeinheit tut.
Was das Rechtsleben angeht, so hat die Wirtschaft in ihrer
Übermacht auch die Regelung der Arbeit in die Hand genommen, sie hat
eine Bezahlung, eine «Entlohnung» der Arbeit erzwingen können. Die
Arbeit des Menschen hat aber an und für sich mit dem
Wirtschaftsleben nichts zu tun. Allein das vom Menschen getrennte
Ergebnis der Arbeit, die Ware oder die Dienstleistung, darf in der
Wirtschaft eine Rolle spielen.
Wie und wie viel gearbeitet wird, darf
nicht von Wirtschaftsinteressen abhängig gemacht werden. Was mit der
Arbeit getan wird, wird unmittelbar dem «Arbeiter», dem Menschen
selbst angetan. Eine Entlohnung der Arbeit kommt einer Entwürdigung
des Arbeiters gleich, weil er dadurch wie eine Ware, nicht wie ein
Mensch behandelt wird. Wenn die Arbeit als solche bezahlt wird, statt
nur ihr Ergebnis, entsteht ein Arbeitszwang. Der Mensch wird
gezwungen, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Da er für den
Lohn arbeiten muss, ist er immmer weniger an Qualität und Ergebnis
der Arbeit interessiert. Dadurch werden der Wirtschaft, mangels
innerer Motivierung, unermessliche Schäden zugefügt.
So wie die Verwaltung des Kapitals dem Geistesleben, so wird in
einem gesunden sozialen Organismus alle Arbeitsregelung dem
Rechtsleben überlassen.
In seinen Vorträgen weist Rudolf Steiner darauf hin, dass es in
der modernen Gesellschaft zwar genug Gesetze gibt, dass das reine
Erleben des Rechtes aber gar nicht mehr vorhanden ist, dass es «in
ein Loch gefallen ist». Die Menschen haben so
gut wie keine soziale Gelegenheit mehr, sich als ganz Gleiche, rein
als Menschen gegenüberzustehen. Selbst wenn Männer in einer kleinen
Gruppe als Gleiche unter Gleichen sich unterhalten, so werden sie
über Sport, über Politik, über Frauen, über Autos reden und dabei
nicht bemerken, dass sie nicht rein als «Menschen» miteinander
umgehen, sondern als «Männer». Entsprechendes gilt für Frauen.
Die Gleichheit der Würde kann erst dann erlebt werden, wenn die
innere Welt des Menschen selbst, die Welt der Gefühle und der
Emotionen, zur Sprache gebracht wird.
So ist eine der dringendsten Aufgaben in der Gestaltung des
Sozialen die Wiedergewinnung des Rechts, die reine menschliche
Erfahrung dessen, was zwischen Mensch und Mensch «rechtens» ist.
Im Geistesleben steht das Denken des Menschen im Vordergrund. Alle
Begabungen haben mit Erkenntnis zu tun, da jeder Fähigkeit eine
Vorstellung zugrunde liegt, wie man etwas am besten macht. Im
Wirtschaftsleben ist der Wille führend, da muss der Mensch tätig
werden und handeln. Der Mensch ist aber nicht nur ein Denkender und
ein Wollender, er ist auch ein Fühlender. Das Rechtsempfinden ist aus dem Grund
verschwunden, weil in der modernen Gesellschaft das Gefühlsleben
unter den Teppich gekehrt wird. Was aber der Menschenwürde Rechnung
trägt und was nicht, das können die Menschen nur durch das gesunde
Gefühl, durch das menschliche Empfinden im unmittelbaren Umgang
miteinander erleben, um es dann in Gesetzen auszudrücken.
Was wieder einkehren muss, ist das Bewusstsein für das, was in
der Begegnung von Mensch und Mensch erlebt, was da gefühlt und
empfunden wird.
Ein Beispiel dafür: Wie reagieren gefühlsmäßig die Menschen
weltweit auf Karikaturen des Propheten Mohammed in europäischen
Zeitungen? Die westliche Welt kennt nur die Antwort des Kopfes und
des Willens, aber nicht die des Herzens, des Gefühls. Der Wille
sagt: Keiner darf meine Freiheit einschränken, oder: Mit solchen
Karikaturen gefährden wir das Leben unserer Geiseln.
Aber wie ist
es, wenn dabei das tiefste religiöse Gefühl von Hunderten von
Millionen Menschen verletzt wird? Wie ist es, wenn diese Menschen
ihre Menschenwürde als eins mit ihren religiösen Werten erleben und
sich als Menschen missachtet fühlen, wenn ihre Religion herabgesetzt
wird? Hat man das Recht, das Gefühl der Menschenwürde von so vielen
Menschen zu übergehen oder gar zu verletzen?
Wem das stark
empfundene Gefühl für das Gerechte und das Ungerechte fehlt, der
wird in seinem aufgeklärten Kopf dem anderen, der ein solches Gefühl
in sich erlebt, nur unabgeklärte Emotionalität vorwerfen können.*
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*Diese Ausführungen sind 2006 für die 1. Auflage geschrieben
worden. Die Auseinandersetzung über die MohammedKarikaturen hat beim
Erscheinen dieser 2. Auflage (Januar 2015) durch die Ermordung der
Karikaturisten der Zeitschrift Charlie Hebdo, Journal irresponsable
in Paris neue Aktualität gewonnen. Die Zeitschrift Das Goetheanum,
das offizielle Organ der Anthroposophischen Gesellschaft,
veröffentlicht in der Ausgabe vom 16. Januar 2015, S. 3, einen
Aufsatz von Christian Clement, Professor an der Mormonen Universität
Brigham Young (USA), mit dem Titel «Diese Freiheit stirbt nicht im
Kugelhagel». Clement als Herausgeber der Werke Rudolf Steiners
bezieht sich in seinem Aufsatz auf die Philosophie der Freiheit
Rudolf Steiners und schreibt im Untertitel: «Auch Rudolf Steiner war
‹Charlie›». Damit unterstellt Prof. Clement, das
Freiheitsverständnis Rudolf Steiners sei dasselbe wie das der
Karikaturisten, die sich erlauben, die tiefsten religiösen Gefühle
anderer Menschen zu verletzen. Die Ausführungen Rudolf Steiners im
3. Vortrag machen hingegen deutlich, dass die Freiheit missbraucht
wird, wenn die Menschenwürde, in der alle Menschen gleich sind,
verletzt wird. Was rechtens ist, darf nicht vom Denken oder vom
Willen, sondern nur vom Gefühl entschieden werden. Und Gefühl ist,
was Menschen im Umgang miteinander fühlen, was sie dabei erleben.
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Die Wiedergewinnung des Rechtserlebens setzt ihrerseits eine
Wiedergeburt des Geisteslebens voraus. Rudolf Steiner führt in seinen Vorträgen anschaulich aus, dass in der modernen Gesellschaft
ein Teil des Geisteslebens von der Wirtschaft abhängig geworden ist – die naturwissenschaftliche Forschung, die staatliche
Erziehung, die Sozialwissenschaft, die Wirtschaftswissenschaft. Ein
anderer Teil die Religion, die Kunst,
die sogenannte Ethik – ist zwar unabhängig von der Wirtschaft geblieben, hat aber diese
Selbstständigkeit mit einer völligen Ohnmacht dem Leben gegenüber
bezahlen müssen. Der Geist ist immer lebensfremder geworden, er hat
immer weniger das Leben bestimmen können. Er wurde abseits des
Lebens, im sogenannten «privaten Leben» betrieben.
Die einfache,
aber zugleich nicht so einfache Lösung heißt: Alles Geistesleben,
alles Kulturleben muss vom Rechts- und Wirtschaftsleben befreit
werden, es muss selbstständig, das heißt nach seinen eigenen
Lebensbedingungen verwaltet werden.
Dies gilt in erster Linie für
die Erziehung: Der Mensch kann nicht ohne unabsehbare Schäden für
die Gesellschaft zu einem Diener des Staates oder der Wirtschaft
erzogen werden. Die Erziehung hat die Aufgabe, dem Menschen zu
dienen: jedem ganz individuellen Menschen in der Einzigartigkeit
seiner Begabungen.
Im vierten Vortrag steht bei der Darstellung des Geisteslebens das
freie Individuum im Vordergrund, im letzten Vortrag handelt es sich
um die Gesamtmenschheit als einen einheitlichen Organismus, in den
sich jeder Mensch immer inniger einzugliedern hat.
Der schon
bestehenden «Weltwirtschaft» müssen ein «Weltrecht» und ein
«Weltgeist» zur Seite treten, um den Anforderungen der
Globalisierung gerecht zu werden. Die Unmenschlichkeit der heutigen
Weltwirtschaft äußert sich darin, dass sie dem Menschen gegenüber
immer ungerechter wird. Dies zeigt sich in der überall zunehmenden
Militarisierung des Alltags, die den individuellen Menschen
auslöscht.
Der Natur gegenüber wirkt die Wirtschaft in ihrem
Materialismus immer zerstörerischer. Die Umwelt wird ausgeplündert
und zunehmend vergiftet. Gerechtigkeit wird allen Menschen nur
widerfahren können, wenn ein wirkliches internationales Recht
stärker wird als alle Macht der Welt. Der Ungeist des Materialismus
kann nur durch eine Geisteswissenschaft überwunden werden, die
Mensch und Natur gleichermaßen umschließt.
Den Gedanken der
Dreigliederung gegenüber kann man die Frage stellen: Wie macht man
denn das? Eine solche Theorie klingt sehr schön, aber ist sie nicht
eine reine Utopie? Das Mutmachende der Gedanken Rudolf Steiners
besteht darin, dass sie auf reale Kräfte hinweisen, die in jedem
Menschen vorhanden sind - wie unbewusst
oder schlummernd auch immer. Diese Gedanken haben die Kraft, ins
Leben einzugreifen, um es nach allen Seiten menschenfreundlich zu
gestalten.
Jede fruchtbare Tätigkeit des Menschen fängt mit dem
Gedanken an. Nur gedankenlos drauflos zu handeln, ist nicht
zielführend, es erzeugt nur weitere Unmenschlichkeit. Das
Hoffnungsvolle der Gedanken der Dreigliederung liegt gerade darin,
dass es jedem Menschen möglich ist, sie zu denken, sie wirklich zu
verstehen und von Tag zu Tag mehr in Taten umzusetzen. Aber hier
ergibt sich die vielleicht schwierigste Klippe für das moderne
Leben. Auf der einen Seite will im Zeitalter von Demokratie und
Freiheit kein Mensch von außen gesteuert werden. Der moderne Mensch
erlebt seine Würde, indem er aufgrund der eigenen individuellen
Überzeugung handeln kann. Das heißt aber zugleich: Der einzige Weg
zu einer Erneuerung des Sozialen führt über den Kopf des
Individuums. Aber auch das andere ist wahr: Eine gründliche
Aufklärung dieses Kopfes kann weder auf Knopfdruck von außen noch
im Handumdrehen von innen geschehen.
So erklärt sich die Ungeduld
aller möglichen Autoritäten und Mächte, die den Kopf des
Individuums lieber außer Acht lassen und dabei immer
patriarchalischer und unzeitgemäßer werden. Sie wollen durch
Staatsgesetz oder durch Wirtschaftszwang das ihnen Dienliche oder
richtig Erscheinende buchstäblich «über die Köpfe der Menschen
hinweg» durchsetzen. Dabei werden sie dazu gezwungen, ihre Macht
immer unmenschlicher zu gestalten, weil sie immer weniger das Herz
des Einzelnen gewinnen können. Wie könnten sie das auch, wenn sie
gerade das Heiligste mit Füßen treten: den
individuellen Menschen in seiner Würde und in seiner Freiheit.
Fast ein Jahrhundert ist vergangen, seit Rudolf Steiner diese
Vorträge gehalten hat. Man könnte meinen, man hätte Zeit genug
gehabt, die hier eindringlich geforderte individuelle
Bewusstseinsbildung in den Vordergrund zu stellen. Und doch muss man
sich in aller Ehrlichkeit gestehen, dass selbst bei denen, die die
Geisteswissenschaft Rudolf Steiners aufgegriffen haben, wenig in
dieser Hinsicht getan worden ist. Dabei darf nicht als Ausrede
gelten, die zeitbezogenen Phänomene, die in diesen Vorträgen
erwähnt werden, seien nicht mehr aktuell.
Gerade dadurch, dass
solche Zeitereignisse nicht mehr aktuell sind, haben sie für uns
heute zwei Vorteile: Zum einen können sie durch die
zeitgeschichtliche Entfernung objektiver, gelassener betrachtet
werden, zum anderen können sie als Symptome für die heutige
Menschheitslage genommen werden, weil diese in ihren wesentlichen
Zügen kaum anders als die damalige aussieht. Die Grundideen der
«Dreigliederung» sind heute nur noch aktueller und drängender
geworden. Es fragt sich, warum Rudolf Steiner sich nicht von allem
Anfang an sozial engagiert hat, warum er seine Geisteswissenschaft in
der Zeit bis zum 1. Weltkrieg fast ausschließlich für Theosophen
oder Anthroposophen, abseits des öffentlichen Lebens, betrieben hat.
Als er sich für die soziale Dreigliederung einsetzte, waren es
viele, die nicht mitgehen konnten oder wollten. Sie sahen im sozialen
Einsatz eine Verunreinigung der Anthroposophie. Sie meinten, diese
könne nur dann rein bleiben, wenn sie lediglich im privaten Leben
gepflegt würde.
Im Werdegang Rudolf Steiners, in seiner Biografie,
zeigt sich ein Grundgesetz aller Entwicklung: In allem, was der
Mensch vollbringt, muss das Denken den Anfang machen. Die Erkenntnis,
die Bewusstseinsbildung, ja das Studium kann nicht ohne Schaden für
das Leben übersprungen werden. Selbst wenn man nur die Grundideen
der Dreigliederung des sozialen Organismus in Betracht zieht, so gibt
es genug, was studiert und verstanden werden muss, bevor es sinnvoll
in die Tat umgesetzt werden kann. Wenn ein Mensch mit dreißig das
Studium der Geisteswissenschaft in den Vordergrund stellt, so hat das
eine ganz andere Bedeutung und Berechtigung, als wenn derselbe Mensch
mit sechzig immer noch dasselbe tut, immer noch die
Geisteswissenschaft nur im Kämmerlein, abseits des Lebens
«studiert».
Zu wiederholten Malen betont Rudolf Steiner in diesen
Vorträgen, dass die Zukunft der Menschheit ganz davon abhängt, ob
es «eine genügend große Anzahl von Menschen» geben wird, die
mutig und verantwortungsvoll beides ernst nehmen: die individuelle
Bewusstseinsbildung durch das Studium und die Umsetzung der Ideale
der «Dreigliederung» in die tägliche Lebenspraxis.
Ganz am Ende des letzten Vortrags besiegelt Rudolf Steiner alle
seine Ausführungen nochmals mit dem Gedanken: Auf jedes einzelne
Individuum kommt es an. Autoritäten haben in der modernen Menschheit
keine Zukunft. Es ist nur eine Ausrede, wenn betont wird, dass «die
Menschen» die anderen nicht reif für diese Gedanken und für diese Taten seien.
Rudolf Steiner meint dazu: Die Menschen werden schneller reif gerade
dann, wenn man niemals müde wird, das zur Sprache zu bringen, was
jeder Mensch nicht nur kann, sondern in seinem innersten Wesen auch
will.
Der Schluss des letzten Vortrags (s. Faksimiles S. 302 – 303)
ist in allen bisherigen Veröffentlichungen (Eymann 1948/49, Boos
1950, Gesamtausgabe 1977, HDD 2004 und auch 2006) gestrichen
einfach weggelassen worden. Diese Unterlassung ist ein
sprechendes Symptom des Versäumens, das ein Jahrhundert währt. Es
ist das Versäumnis gerade dessen, wozu Rudolf Steiner in diesen
Schlussworten erneut anfeuert, nämlich das Notwendige, das
Gesundende für das Individuum und für das Soziale allen Menschen
immer wieder vor Augen zu führen, sie immer wieder daran zu
erinnern, sie dazu zu ermutigen.
Wie wäre es, wenn auch nur allein
im deutschsprachigen Raum hunderttausend kleine und kleinste
«Arbeitsgruppen» diese Vorträge einmal in der Woche studieren,
durchackern, diskutieren, sich darüber streiten, nach allen Seiten
vertiefen und im Leben mutig ausprobieren würden? Bliebe unsere
Gesellschaft dieselbe, wenn auch nur eine oder zwei Millionen
Menschen diese Gedanken nicht nur zu ihrem inneren Lebensblut machen
würden, sondern vor allem zum Liebesblut ihres Lebens? Dieser
Veröffentlichung liegt die Zuversicht zugrunde, dass es «eine
genügend große Anzahl von Menschen» gibt, die nicht nur die
Zukunft des Menschen und der Erde retten können, sondern die dies
auch wollen.
Alle bisherigen Ausgaben dieser Vorträge haben die Schlussworte Rudolf
Steiners weggelassen. In ihnen wiederholt er die dringende Aufgabe, im
Sinne der Dreigliederung des Sozialen in allen Bereichen des Lebens
tätig zu sein. Seine allerletzten Worte lauten:
«Ich kann mir vorstellen …
dass es Menschen gibt, die da sagen:
Das sind sehr hohe Ideen.
Wie können sich aber die Menschen
heute zu diesen Ideen erheben? …
Meine sehr verehrten Anwesenden!
… Man braucht nicht darauf hinzusehen,
wie reif oder wie unreif die Menschen sind,
sondern man braucht immer nur das
auszusprechen, was man für das Wahre,
für das Fruchtbringende hält, und dann
abwarten, bis die Menschen reif werden.
Handelt man so, wird man nicht müde,
das immer wieder auszusprechen,
dann werden die Menschen schneller
heranreifen, als wenn man ihnen
immer von ihrer Unreife redet.»
Rudolf Steiner
(am Schluss des letzten Vortrags)
Das Buch mit den Texten gibt es hier:
https://www.rudolfsteinerausgaben.com/product_info.php?info=p393865050_dreigliederung-von-kultur--politik-und-wirtschaft.html