"Öffentliche Erziehung scheint mir ganz außerhalb der Schranken zu liegen, in welchen der Staat seine Wirksamkeit entfalten muss."
Wilhelm von Humboldt
Es war Wilhelm Humboldt, der als erster deutlich zu machen versuchte, dass Bildung als öffentliche Aufgabe zu verstehen ist - nicht jedoch als staatliche. Für ihn war Bildung keine Veranstaltung für das Volk, um Staatsbürger zu erziehen, sondern das eigentliche Initiativ- und Selbstbesinnungsfeld der Gesellschaft.
Deshalb wollte er die durch ihn begründete Universität in Berlin auch in "pekuniärer Hinsicht", das heißt finanzell, der unimittelbaren Verantwortung der Bürger übergeben. Selbstverständlich - und das sah Humboldt sehr klar - ist diese mündige und freiheitliche Bildungsorientierung nur möglich, wenn wir zunehmend auch wirtschaftlich solidarisch, also in gemeinschaftlichen Zusammenhängen, zu denken beginnen.
Wo durch freie Zusammenschlüsse gesellschaftliche Bereiche aus bloß privater und wirtschaftlicher Nutzung gelöst und für Bildungsprozesse geöffnet werden, können lebensvoll-öffentliche Bildungsräume entstehen. So wird eine wirkliche Chancengleichheit ermöglicht - sind doch sogenannte "bildungsferne Schichten" kein Naturereignis, sondern die Folge unseres zentralistisierten Bildungssystems, das mit seinen Selektionsmechanismen individuelle Entwicklungswege unterbindet.
Nicht durch abfragbares Wissen, das im Hinblick auf Musterlösungen zentraler Prüfungen auswendig gelernt wird, sondern durch Vielfalt individueller Fähigkeiten und das Verantwortungsbewusstsein Einzelner entwickelt sich eine mündige Gesellschaft.
Konrad Schily fodert in seinem Buch "Der staatlich bewirtschaftete Geist" in diesem Sinne einen Rückzug des Staates aus der Verwaltung der Bildung. "Das wird die Menschen ermutigen, die für das Land, für die Menschen etwas bewegen wollen."
CLARA STEINKELLER, Bank Spiegel - Das Magazin der GLS Bank, Ausgabe 2/2014 Heft 221, Seite 25