Da hilft nur Reaktanz

Ich schickte vor zwei Tagen sechs übersichtlich gestaltete A4 Seiten Text an meine besten vier Freunde. In dem Text werden fünf Gründe genannt, warum es kurz vor zwölf ist, sich mit seinen Essgewohnheiten zu beschäftigen, seinen persönlichen Nahrungsmittelkonsum in Zusammenhang mit Weltwirtschaftsproblemen zu sehen und zu überlegen, ob vegane Ernährung nicht vielleicht gesünder sei. Einer meiner Freunde erschuf mit mir folgenden E-Mail-Dialog:

Ich:
Hi Jungs,
lest doch einfach mal wieder das, was ich euch schicke.
Liebe Grüße
Axel

Freund:
Mindestens einen Grund gibt es, den Artikel nicht zu lesen: Reaktanz.

Ich:
Ich musste erst mal nachschauen: "Reaktanz ist ein sozialpsychologisches Handlungsmotiv, das als Abwehrreaktion auf psychischen Druck verstanden werden kann."
Antwort: Schwachkopf :-)

Freund:
Ja, genau ;) "Reaktanz wird in der Regel durch psychischen Druck (z.B. Nötigung, Drohungen, emotionale Argumentführung) [..] ausgelöst."

Off the Record:
Ich:
Mir ist zwar nicht klar, wo er in den Texten emotionale Argumentation findet. Ich bin ihm aber sehr dankbar für die Offenbarung der Reaktanz. Es folgt die Jawoll!-Wikipedia-Beschreibung des Verhaltens meiner besten Freunde, dem ich bei dem Thema "vegan essen" leidvoll ausgeliefert bin:

"Typisch für die Reaktanz ist eine Aufwertung der eliminierten Alternative, (Hier: Viel Fleisch ist gut!) d.h. gerade diejenigen Freiheiten, die der Person genommen wurden, werden nun als besonders wichtig erlebt. (Hier: Ich will aber! Ich will aber! Ich brauch aber! Ihr wollt es mir nur madig machen! Aber...!)

Die betroffene Handlungsmöglichkeit kann der Person zuvor völlig unwichtig gewesen sein. (Hier: Wegen stabiler Gesundheit, zu viel klassischer Schulbildung, mangelhafter Lebensbildung und politischem Desinteresse.)

Im Extremfall hat die Person von dieser Handlungsmöglichkeit vor dem Eintreten der Beschränkung nie Gebrauch gemacht, übt die Handlung aber seit dem Eintreten der Einschränkung aus. (Hier: Jetzt erst recht, ihr blöden Veganer!)

Reaktantes Verhalten besteht darin, solche Handlungen nun erst recht auszuführen. Auf diese Weise möchte sich die betroffene Person diese Freiheiten gleichsam zurückerobern (auch wenn dies ggf. gar nicht mehr möglich ist) (Hier: Die Faktenlage sich zunehmend zuspitzt und nur harte Ignoranz diese beiseite wischen kann.)