1. Gemeinsamkeiten zwischen Gesell, Schauberger und Reich
Die Gedanken von Silvio Gesell zur Kritik des herrschenden Geld- und Zinssystems und zur Suche nach konstruktiven Lösungsmöglichkeiten lassen sich auch in Begriffen beschreiben, die aus einem scheinbar ganz anderen Forschungszusammenhang heraus entwickelt worden sind. Gemeint ist die Lebensenergie-Forschung, deren Grundlagen zwischen den 20er und 50er Jahren dieses Jahrhunderts u.a. von Viktor Schauberger und Wilhelm Reich gelegt wurden. Ähnlich wie Silvio Gesell in Bezug auf das Geldsystem haben auch diese Forscher auf anderen Gebieten höchst unkonventionelle Sichtweisen entwickelt, die den Rahmen der etablierten Wissenschaften sprängen und sogar das Fundament des mechanistischen Weltbildes in Frage stellen.
Von daher ist es sicher kein Zufall, daß alle drei Forscher von den Hauptströmungen der davon betroffenen mechanistischen Wissenschaften immer wieder ins Abseits gedrängt worden sind - durch schlichte Ignorierung oder durch Entstellung und Verketzerung. Bei Reich ging dieser Ausgrenzungsprozeß sogar soweit, daß seine Bücher noch in den 50er Jahren in den USA offiziell verbrannt wurden. Bei allen Unterschieden ihrer Forschungsgebiete sind Schauberger, Reich und Gesell unabhängig voneinander (und ohne voneinander zu wissen) auf ein fundamentales Prinzip des Natürlichen und Lebendigen gestoßen, das dem mechanistischen Welt(un)Verständnis zuriefst fremd und sogar bedrohlich erscheint. Ich möchte es auf eine kurze Formel bringen: „Fließen lassen - Die Lösung (der Blockierung) ist die Lösung.“
2. Viktor Schauberger und die Fließbewegung des Wassers
Was ist damit gemeint? Überall in der Natur gibt es spontane Fließbewegungen, die die Grundlage lebendiger Prozesse und ihrer natürlichen Selbstregulierung bilden. Schauberger hat sie eingehend studiert bezüglich der Fließbewegung von Gewässern. Werden sie mit all ihren Schlängeln und Wirbeln - zum Beispiel durch Begradigung - gehindert, so verlieren sie ihre Lebendigkeit und Selbstreinigungs- Fähigkeit, kippen um, lagern Geröll ab, treten über die Ufer und reißen die Böschungen nieder. Kurz: Die Blockierung des natürlichen Fließens stört die natürliche Selbstregelung und treibt Destruktivität hervor.
Die vorherrschende Art, mit diesen Problemen umzugehen, besteht in immer mehr Eindämmung , wodurch die Selbstregulierung immer mehr zerstört wird, mit der Folge wachsender Überschwemmungen - ein Teufelskreis. Die Lösung dieser Probleme fand Schauberger in der Lösung der Blockierung des natürlichen Fließens: dem Wasser wieder Raum zum Schlängeln und Wirbeln zu geben und seine Wirbelbewegungen durch einfache technische Hilfen anzuregen, bis sie sich wieder von selbst tragen. Dadurch konnte lebloses und destruktiv gewordenes Wasser wiederbelebt und mit ebenfalls wirbelnder Lebensenergie aufgel aden werden und bot wieder Lebensraum für Pflanzen und Tiere - bzw. war wieder als belebtes Trinkwasser verwendbar.
3. Wilhelm Reich und die Fließbewegung der Lebensenergie
Wilhelm Reich hat ganz Ähnliches entdeckt in Bezug auf die Fließbewegungen der Lebensenergie im Menschen bzw. in und z wischen allen lebenden Organismen. Es handelt sich dabei um die gleiche Energie, die auch die chinesische Akupunktur zugrunde liegt und deren Existenz von der mechanistischen Wissenschaft geleugnet wird. Das Fließen dieser Energie, die sich aus sich heraus bewegt und keines äußeren Drucks oder Antriebs bedarf, entspringt der inneren Energiequelle, mit der jedes neue Leben auf die Welt kommt.
Diese Energie sucht spontan das Zusammenfließen im liebevollen Kontakt (zum Beispiel zwischen Baby und Mutter und später zwischen Liebespartnern), und die Verschmelzung dieser Energieströme wird als Lust und Liebe empfunden. In einer Kultur, die diesen natürlichen Regungen und Erregungen durch die herrschende Erziehung und Moral sehr frühe Schranken setzt oder sie in Kontaktlosigkeit und emotionaler Kälte leerlaufen läßt, werden diese Fließbewegungen mehr oder weniger blockiert. Das Kind schützt sich vor den unerträglichen Schmerzen und Frustrationen, indem es seine inneren Impulse zurückhält und die entsprechenden Konflikte verdrängt.
Die Energie dieser Blockierung bezieht es durch Abzweigung aus der lebendigen Energiequelle, und die blockierte Energie verkehrt sich funktionell in das Gegenteil der natürlich fließenden Energie. Eine Folge dieser chronisch werdenden Blockierung, die sich später als „Charakter- und Körperpanzer“ niederschlägt, besteht in der Aufstauung der noch fließenden Energie, die schließlich (im über tragenen Sinn) über die Ufer tritt und die Böschungen niederreißt, das heißt zu destruktiven Entladungen führt. Die vorherrschende Art, mit diesen Problemen umzugehen, ist eine noch stärkere Eindämmung des Gefühlsausdrucks, zum Beispiel durch autoritäre Erziehung, um die destruktiven Ausbrüche unter Kontrolle zu bringen - ein Teufelskreis, der immer mehr Destruktivität hervortreibt. Diese kann sich entweder nach außen und/oder nach innen - in Form von Krankheit und Selbstzerstörung - ihren Weg bahnen (Abb 1a bis c).
Reich hat für diese Art von Erkrankung den Begriff „Biopathie“ geprägt. (Man könnte sie auch als Energiesyndrom bezeichnen). So unterschiedlich ihre Ausprägung - je nach Struktur und Tiefe der Blockierungen - sein können, so gemeinsam ist doch das ihnen zugrundeliegende Funktionsprinzip: die chronisch gewordene Blockierung der natürlichen Fließbewegungen der Lebensenergie. Durch sie kehrt sich die gleiche Energie, die die Grundlage des Lebens und des tief empfundenen Liebens ist, in ihre Gegenteil um: in neurotische oder psychotische Angst, in blinden Haß und Destruktivität. Die Blockierung des natürlichen Fließprozesses zerstört auf diese Weise die emotionalen und energetischen Lebensgrundlagen des einzelnen und - wenn sie massenweise auftritt - auch einer ganzen Gesellschaft. Reich hatte letzteres schon 1933 sehr eindrucksvoll in seiner „Massenpsychologie des Faschismus“ herausgearbeitet.
Die Lösung dieser vielfältigen Probleme sah Reich in der Lösung der Blockierung der Lebensenergie - nicht schlagartig und schon gar nicht gewaltsam, sondern behutsam, um die darunter verschüteten Funktionen der natürlichen Selbstregulierung durch therapeutisch hes Auflockern des Charakter- und Körperpanzers wieder freizulegen - bzw. diese lebendigen Funktionen bei Heranwachsenden von vornherein gegen Blockierung und Zerstörung zu schützen. (Aus den Grundlagen, die Reich diesbezüglich in den 30er Jahren gelegt hat, sind inzwischen viele körperorientierte Psychotherapien, z.B. Bioenergetik und Biodynamik, hervorgegangen.)
Und überall dort, wo es gelang, den natürliche Fließprozeß wieder anzuregen, beim einzelnen Menschen ebenso wie in der äußeren Natur, traten Heilungen ein, die nach mechanistischem (Un)Verständnis undenkbar sind, und nach mystischem Empfinden als aus dem Jenseits inspirierte „Wunderheilungen“ gedeutet werden. Für Reich waren sie weder das eine noch das andere, sondern Ausfluss eines tiefen Verständnisses der Lebensenergiefunktion und ihrer natürlichen Fließbewegung.
4. Silvio Gesell und die Fließbewegungen des Geldes
Was hat dies alles mit Silvio Gesell zu tun? Beim Studium seiner Schriften fiel mir eine verblüffende Ähnlichkeit mit seiner Erkenntnismethode und Sichtweise von Schauberger und Reich auf, obwohl sich seine Studien überwiegend auf ein scheinbar ganz anderes Gebiet bezogen: nämlich auf das Fließen des Geldes im sozialen Organismus einer arbeitsteiligen und Waren produzierenden Gesellschaft - und auf die Folgen seiner Blockierung, bzw. auf die ungeeigneten Mittel, mit denen dieser Blockierung im herrschenden Geldsystem begegnet wird. Das durch den Wirtschaftskreislauf fließende Geld ist in einer komplexen arbeitsteiligen Wirtschaft wesentliche Grundlage für den Fluß der produzierten Waren der Hersteller bis zum Verbraucher.
Mit dem erfolgreichen Verkauf der Waren fließt zum Hersteller das Geld zurück, das er benötigt, um seine Kosten zu decken; und um sich andere Waren zu kaufen, die er selbst nicht herstellt, aber für den Produktionsprozess und für den eigenen Lebensunterhalt braucht. Fließendes Geld bildet eine notwendige Voraussetzung für die Sicherung der materiellen Lebensgrundlage der Wirtschaftsteilnehmer, ist also insoweit lebenspositiv. Ähnlich der Lebensenergie im einzelnen Organismus verbindet das fließende Geld die einzelnen Teile eines arbeitsteiligen Organismus untereinander zu einem komplexen Ganzen, und sein kontinuierliches Fließen ist die notwendige Voraussetzung seiner Funktionstätigkeit.
Das gleiche kehrt sich aber in seiner Qualität ins Gegenteil um und wird bezogen auf den sozialen Organismus destruktiv, wenn unter dem Druck der herrschenden Geldordnung sein Fließen blockiert wird - durch Horten (Abb. 2a bis c). Gesell hat - lange vor Keynes - herausgearbeitet, daß die Besitzer überflüssigen Geldes (das nach Bestreitung der Konsumausgaben übrig bleibt) ein rationales Interesse daran haben, das Geld zurückzuhalten und damit dem Kreislauf zu entziehen: weil das Geld erstens nicht verdirbt (im Unterschied zu den meisten Waren), und weil sich mit ihm zweitens auch noch spekulieren und auf diese Weise mehr Geld machen läßt. Sie lassen das sonst gehortete Geld nur dann (zum Kapitalmarkt) weiterfliegen, wenn ihnen ein hinreichend großer Anreiz geboten wird, der die Vorteile des Hortens mindestens aufwiegt und möglichst noch um einiges übertrifft: der Zins. Und weil die anderen Wirtschaftsteil nehmer (Unternehmen, Handel, Staat, Haushalte) dringend und teilweise existenziell auf das Weiterfließen des Geldes in Form von Krediten angewiesen sind, können die Besitzer des überflüssigen Geldes von ihnen einen Zins erpressen - und werden darin vom Gesetz geschützt.
Ist der gebotene Zins für die Geldbesitzer hinreichend hoch (und muß erfahrungsgemäß mindestens 6% betragen), dann wird die durch Horten eingetretene Geldblockierung mehr oder weniger gelöst. Aber das Horten mit dem Zins auszutreiben, ist ähnlich wie den Teufel mit dem Beelzebub: es wird auf Dauer alles nur noch schlimmer. Denn das Zinssystem führt in einen „monetären Teufelskreis von exponentiell wachsenden Geldvermögen und ebenso wachsender Verschuldung“ (Helmut Creutz) hinein und treibt fünf Krisentendenzen hervor, die sich langfristig mit einem krebsartigen Prozeß immer mehr beschleunigen: die Krise der Wirtschaft, der Umwelt, der Gesellschaft, des Staates und der Dritten Welt. (Creutz hat diese Art von Erkrankung des sozialen Organismus „Geldsyndrom“ genannt.)
Die vorherrschende Art, mit diesen Problemen umzugehen, besteht in zunehmender Eindämmung der gesellschaftlich ausufre nder Folgen (wie Arbeitslosigkeit, Kriminalität), im Kurieren an Symptom en (z.B. durch innere und äußere Aufrüstung des Staates mit Rüstung als Beschäftigungsprogramm), in der zunehmenden Panzerung des sozialen Organismus. Dadurch werden immer mehr produktive Kräfte in starren Strukturen gebunden, und dir ve drängten Symptome brechen an anderer Stelle umso heftiger durch: als ein schleifender Prozeß der Erstarrung des sozialen Organismus - und/oder als kollektive Gewaltentladung nach außen (gegen Objekte
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