Nach einer 45 minütigen, mündlichen Laudatio eins alten Umweltaktivisten auf die Enzyklika Laudato Si' von Papst Franziskus las ich sie nun selbst. Und wider aller Vorurteile bin ich hingerissen von der Klarheit, vom Friedensgeist, vom Humanitären, von der Offenheit und Toleranz, die in dem Text steckt. Es folgen einige Zitate aus dem Text: Papst Franziskus, Enzyklika Laudato Si’ Über die Sorge für das gemeinsame Haus (24. Mai 2015).
Aus Absatz 5
Alle Bestrebungen, die Welt zu hüten und zu verbessern, setzen vor allem voraus, „dass sich die Lebensweisen, die Modelle von Produktion und Konsum und die verfestigten Machtstrukturen [von Grund auf] ändern, die heute die Gesellschaften beherrschen.“
Die echte menschliche Entwicklung ist moralischer Art und setzt die vollkommene Achtung gegenüber der menschlichen Person voraus, muss aber auch auf die Welt der Natur achten „der Natur eines jeden Wesens uns seiner Wechselbeziehung in einem geordneten System […] Rechnung tragen.“
Aus Punkt 8
Patriach Bartholomäus hat besonders von der Notwendigkeit gesprochen, dass jeder Einzelne die eigene Weise, dem Planten zu schaden, bereut, denn „insofern wir alle kleine ökologische Schäden verursachen“, sind wir aufgerufen, „unseren kleinen Beitrag zur Verunstaltung und Zerstörung der Schöpfung“ anzuerkennen.
Aus Punkt 15
[…] zu den Wurzeln der gegenwärtigen Situation vorzudringen, so dass wir nicht nur die Symptome betrachten, sondern auch die tiefsten Ursachen. Auf diese Weise können wir eine Ökologie vorschlagen, die in ihren verschiedenen Dimensionen den besonderen Ort des Menschen in dieser Wirklichkeit einbezieht. Im Licht dieser Überlegungen möchte ich fortfahren mit einigen ausführlichen Leitlinien für Dialog und Aktion, die sowohl jeden von uns als auch die internationale Politik betreffen. Und da ich überzeugt bin, dass für jede Veränderung Beweggründe und ein erzieherischer Weg nötig sind, werde ich schließlich einige Leitlinien zur menschlichen Reifung vorschlagen, die von dem Schatz der christlichen spirituellen Erfahrung inspiriert sind.
Punkt 19
Nach einer Zeit irrationalen Vertrauens auf den Fortschritt und das menschliche Können tritt jetzt ein Teil der Gesellschaft in eine Phase stärkerer Bewusstheit ein. Es ist eine steigende Sensibilität für die Umwelt und die Pflege der Natur zu beobachten, und es wächst eine ehrliche, schmerzliche Besorgnis um das, was mit unserem Planeten geschieht. Wir geben einen – wenn auch sicherlich unvollständigen – Überblick über jene Fragen, die uns heute beunruhigen und die wir jetzt nicht mehr unter den Teppich kehren können. Das Ziel ist nicht, Informationen zu sammeln oder unsere Neugier zu befriedigen, sondern das, was der Welt widerfährt, schmerzlich zur Kenntnis zu nehmen, zu wagen, es in persönliches Leiden zu verwandeln, und so zu erkennen, welches der Beitrag ist, den jeder Einzelne leisten kann.
Aus Punkt 149
Ebenso ist klar, dass die extreme Entbehrung, die in manchen Situationen erfahren wird, wo Harmonie, Platz und Möglichkeiten der Eingliederung fehlen, das Aufkommen von inhumanen Verhaltensweisen und die Manipulation der Menschen durch kriminelle Organisationen begünstigt . Für die Bewohner von sehr problematischen Wohnquartieren kann der tägliche Gang vom Gedränge zur sozialen Anonymität, den man in den großen Städten erfährt, ein Gefühl der Entwurzelung hervorrufen, das asoziale und gewaltbereite Verhaltensweisen fördert.
Dennoch will ich betonen, dass die Liebe stärker ist. Viele Menschen in diesen Lebensumständen sind in der Lage, Bande der Zugehörigkeit und des Zusammenlebens zu knüpfen, die das Gedränge in eine Gemeinschaftserfahrung verwandeln, wo die Wände des Ichs durchbrochen und die Schranken des Egoismus überwunden werden. Diese Erfahrung gemeinschaftlichen Heils ist das, was gewöhnlich kreative Reaktionen auslöst, um ein Gebäude oder ein Wohnquartier zu verschönern
Aus Punkt 180
An einheitliche Lösungsvorschläge ist nicht zu denken, denn jedes Land oder jede Region hat spezifische Probleme und Grenzen.
(Ökologische Erziehung und Spiritualität 202 - 208)
Punkt 202
Viele Dinge müssen ihren Lauf neu orientieren, vor allem aber muss die Menschheit sich ändern. Es fehlt das Bewusstsein des gemeinsamen Ursprungs, einer wechselseitigen Zugehörigkeit und einer von allen geteilten Zukunft. Dieses Grundbewusstsein würde die Entwicklung neuer Überzeugungen, Verhaltensweisen und Lebensformen erlauben. So zeichnet sich eine große kulturelle, spirituelle und erzieherische Herausforderung ab, die langwierige Regenerationsprozesse beinhalten wird.
Punkt 205
Trotzdem ist nicht alles verloren, denn die Menschen, die fähig sind, sich bis zum Äußersten herabzuwürdigen, können sich auch beherrschen, sich wieder für das Gute entscheiden und sich bessern, über alle geistigen und sozialen Konditionierungen hinweg, die sich ihnen aufdrängen. Sie sind fähig, sich selbst ehrlich zu betrachten, ihren eigenen Überdruss aufzudecken und neue Wege zur wahren Freiheit einzuschlagen. Es gibt keine Systeme, die die Offenheit für das Gute, die Wahrheit und die Schönheit vollkommen zunichte machen und die Fähigkeit aufheben, dem zu entsprechen. Diese Fähigkeit ist es ja, der Gott von der Tiefe des menschlichen Herzens aus fortwährend Antrieb verleiht.
Punkt 215
In diesem Zusammenhang „darf die Beziehung, die zwischen einer angemessenen ästhetischen Erziehung und der Erhaltung einer gesunden Umwelt besteht, nicht vernachlässigt werden“. 150 Auf die Schönheit zu achten und sie zu lieben hilft uns, aus dem utilitaristischen Pragmatismus herauszukommen. Wenn jemand nicht lernt innezuhalten, um das Schöne wahrzunehmen und zu würdigen, ist es nicht verwunderlich, dass sich für ihn alles in einen Gegenstand verwandelt, den er gebrauchen oder skrupellos missbrauchen kann.
Zugleich muss man, wenn man tiefgreifende Veränderungen erzielen will, berücksichtigen, dass die Denkmuster wirklich die Verhaltensweisen beeinflussen. Die Erziehung wird unwirksam, und ihre Anstrengungen werden unfruchtbar sein, wenn sie nicht auch dafür sorgt, ein neues Bild vom Menschen, vom Leben, von der Gesellschaft und von der Beziehung zur Natur zu verbreiten. Andernfalls wird das auf Konsum ausgerichtete Modell, das durch die Kommunikationsmittel und über die wirkungsvollen Räderwerke des Marktes übermittelt wird, weiter fortschreiten.
Punkt 229
Wir müssen wieder spüren, dass wir einander brauchen, dass wir eine Verantwortung für die anderen und für die Welt haben und dass es sich lohnt, gut und ehrlich zu sein. Wir haben schon sehr viel Zeit moralischen Verfalls verstreichen lassen, indem wir die Ethik, die Güte, den Glauben und die Ehrlichkeit bespöttelt haben, und es ist der Moment gekommen zu merken, dass diese fröhliche Oberflächlichkeit uns wenig genützt hat. Diese Zerstörung jeder Grundlage des Gesellschaftslebens bringt uns schließlich um der Wahrung der jeweils eigenen Interessen willen gegeneinander auf, lässt neue Formen von Gewalt und Grausamkeit aufkommen und verhindert die Entwicklung einer wahren Kultur des Umweltschutzes.
Leseempfehlung: Punkte 202 - 208: Ökologische Erziehung und Spiritualtität
https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2015/2015-06-18-Enzyklika-Laudato-si-DE.pdf