Erkläre mir, und ich vergesse."Nachhaltigkeit braucht neue Formen des Lernens. Ästhetische Bildung meint empfindende, wahrnehmende, gestaltende Bildung, die, um mit Hannah Arendt zu sprechen, in das herstellende Handeln mündet, das die Kinder und Jugendlichen zu dem befähigt, was von Ihnen künftig im Übermaß gefordert werden wird: Kreativer Umgang mit einem Verlust an herkömmlichen Strukturen, die das Finden und Erfinden neuer Lebens- und Arbeitstätigkeiten einschließt. Wir behaupten, dass weder die Fachpädagogiken noch die Schulen gegenwärtig die Voraussetzungen für diese Anforderungen erfüllen."
Zeige mir, und ich erinnere.
Lass es mich tun, und ich verstehe.
Konfuzius
[Text: Letzes Kapitel aus: Heinrich Böll Stiftung, BAND 10, Konzeptgedanken zur Errichtung eines Fonds Ästhetik und Nachhaltigkeit, von Adrienne Goehle, S.42-47]
"So wie die meisten staatlichen Schulen heute arbeiten, lassen sie weder für Ästhetik noch für Nachhaltigkeit des Lernens irgendeinen Raum. Die deutsche Regelschule der Gegenwart zielt vorwiegend auf den Vorderlappen des Gehirns, ist sinnesarm, körper- und zusammenhangslos, portioniert in 45 Minuten-Wurstscheiben. Die Noten der PISA-Expert/innen könnten für die deutschen Regelschulen dramatischer nicht sein, aber die Verantwortlichen reagieren auf diese Alarmsignale mit einer Politik, die vom gleichen Schlechten mehr verordnet.
Die ästhetische Bildung liegt bekanntlich völlig im Schatten der «PISA- Themen», die rund um das Training der kognitiven Fähigkeiten kreisen und auf «lernenden Nachvollzug» gerichtet sind. Der Neurobiologe Wolf Singer hat nicht nur große Defizite im Bereich der musischen Fächer Tanzen, Musik, Gestalten, Zeichnen, sondern auch in der Vermittlung von Mimik und Gestik festgestellt. Diese Ausdrucksmittel aber seien «im Dialog, im Dechiffrieren dessen, was die anderen bewegt» von unschätzbarem Wert.
Für die Freisetzung dieser blockierten Energien, stellt Rudolf zur Lippe fest, muss Schule grundlegend verändert werden, sonst bliebe auch die Arbeit mit und von Künstler/innen an den Schulen bloß additiv oder kompensatorisch. Ästhetische Bildung zielt aber auf Kompetenz, auf Durchdringung der Wissens- und Praxisfelder, auf das Sinnenbewusstsein.