Der Beinahetod eines Hipster

Gestern sah ich den Prototyp eines Hipsters, wie er beinahe ums Leben kam. Ich wartete, um in den Kreisverkehr einzufahren. Er kam von links auf mich zu, um an mir vorbei zur nächsten Ausfahrt zu fahren. Auf seinem Kopf saßen schwarze Locken wie eine Schaumkrone über rasierten Seiten. Seine enge schwarze Jacke verschmolz mit einer engen schwarzen Jeans. Leider endete die Hose kurz über den Stiefeln und erlaubte den Blick auf blasse Waden. Er fuhr auf einem grellgrünem Fahrrad ohne Schutzblech. Sein Lenker war einer dieser kurzen Stangen, die Fahrer wie behinderte Störche aussehen lassen.

Während er also in seiner Linkskurve fuhr, erblickte er mich, und es war wohl meine Erscheinung, die ihn dazu veranlasste, noch hipper wirken zu wollen. Er hörte auf zu treten, streckte die Arme durch und reckte das Kinn in die Höhe. In diesem Augenblick bremste vor ihm ein Auto, sein Fahrer entschied sich spontan für eine neue Richtung - und lenkte plötzlich nach links. Der Hipster, kein bisschen aufmerksam, war sehr mit hip sein beschäftigt. Er bekam davon nichts mit.

Vor meinem inneren Auge sah ich ihn schon zu Boden stürzen, von Wucht und Aufprall zermalmt das hippe Leben aushauchen. Im letzten Moment verließ ihn jedoch die Hippnes, er bremste und zog ebenfalls scharf nach links. Nur Zentimeter neben dem Auto kam er zum Stehen. Der Fahrer hatte von dem Beinahe-Tod des Hipsters nichts bemerkt und fuhr davon. Der Hipster blieb stehen, verdutzt, mit wirrem Blick auf die Kapriolen der Realität. Glücklicherweise verzeiht das Leben hin und wieder egozentrische Träumereien, und belässt es bei einer Warnung.